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PRESSESCHAU: Ein geschichtsträchtiges Schwingfest

Die Solothurner Schwinger spielten an ihrem Kantonalen Schwingfest in Kestenholz tragende Rollen. Den Sieg entführte ein Aargauer.

Das Faszinierende an einem Schwingfest ist, dass man vorher selten weiss, welche Geschich-ten geschrieben werden, wie sich die Dramatik entwickelt, welche Athleten am Ende Haupt- und Nebenrollen spie-len. In Kestenholz, am Solothur-ner Kantonalen, triumphierte am Ende der Topfavorit, Joel Strebel. So weit, so normal. Doch lange Zeit hatte es nicht danach ausgesehen, als ob der Eidgenosse aus dem Freiamt den Tagessieg holen würde. Wo-bei auch die Solothurner Schwinger ihren Part spielten.


Sinisha Lüscher: Der Traumstart ohne Krönung

Das Fest begann nämlich mit einem Paukenschlag. Ausgerechnet Sinisha Lüscher, dieser hochtalentierte Schwinger des Schwingklubs Olten-Gösgen, legte den grossen Favoriten im ersten Gang auf den Rücken. Strebel wäre danach, wie er später sagte, «am liebsten sofort wieder abgereist». Lüscher seinerseits sah die sowieso schon recht grosse Erwartungshaltung mit diesem Coup noch einmal in die Höhe geschraubt.

Es war ein Ergebnis, welches den ganzen Festverlauf veränderte. Lüscher erhielt in der Fol-ge ziemlich harte Gegner vorgesetzt. Gegen den routinierten Fricktaler Sämi Schmid wurde er ein erstes Mal gebremst. Im fünften Gang stand dannmit Patrick Räbmatter bereits der zweite Eidgenosse auf seinem Notenblatt. Gegen das Zofinger Schwergewicht unterlag Lüscher. Und weg war die Chance auf die Schlussgangteilnahme.

Auf der anderen Seite erhielt Strebel nach seiner Auftaktniederlage keinen einzigen der vier anderen Eidgenossen als Kontrahenten. Der Aargauer nahm die Chance dankend an und zog mit vier Siegen in Serie doch noch in die Endausmarchung ein, wo er Räbmatter nach wenigen Sekunden ins Sägemehl legte.

Entsprechend war Sinisha Lüscher am Ende etwas hin-und hergerissen, als er Bilanz ziehen musste. «Ich bin zufrieden, habe ich den Kranz gewonnen», sagte er. Aber gleichzeitig war auch spürbar, dass er sich nach seinem Traumstart gegen Joel Strebel eben doch insgeheim etwas mehr ausgerechnet hatte. Vor allemdie Niederlage gegen Räbmatter wurmte ihn etwas. «Ich habe ihn ja auch schon geschlagen. Aber ich weiss nicht, was er vor dem Fest gegessen hat. Er schwang jedenfalls sehr stark», stellte der 18-Jährige lächelnd fest.


Enea Grob: Die spektakuläre Entdeckung des Tages

Lachen durfte nach dem Fest auch ein Trainingskollege von Sinisha Lüscher: der Boninger

Enea Grob. Der Solothurner, der für den Schwingklub Zofingen aufläuft und deshalb schwing-technisch als Aargauer gilt (beim im Kanton Aargau wohnhaften Lüscher verhält es sich gerade umgekehrt), entwickelte sich in Kestenholz imVerlauf des Tages zum Publikumsliebling.

Mit seinem spektakulären und bisweilen unorthodoxen Schwingstil sorgte der 19-Jährige immer wieder dafür, dass ein Raunen durch das mit 2500 Zuschauern proppevolle Festgelände ging. Der Jüngling mit dem aufälligen pinken Schwingerhemd und der wilden Haarpracht auf dem Kopf war nach vier Gängen, einem Überraschungssieg gegen Sämi Schmid und einer Gesamtnote von 38,25 klar auf Kurs in Richtung erstem Kranz.

Im fünften Kampf unterlag Grob dann dem Aarauer Routinier Oliver Hermann trotz erneut guter Gegenwehr. Schliesslich brauchte er im sechsten Gang gegen einen anderen Nicht-kranzer, Jéròme Rohrbach, einen Sieg, um sich das begehrte Eichenlaub zu holen. Es kam, wie es kommen musste. Die beiden Schwinger neutralisierten sich in ihrem Bestreben nach dem ersten Kranzgewinn gegenseitig. Mit dem Resultat, dass beide leer ausgingen.

Für Enea Grob nach dem Wettkampf kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Im Gegenteil: Er genoss die Glückwünsche und das Lob, welches er von vielen Seiten erhielt. «Ich bin sehr glücklich und kann stolz auf mich sein. Ich habe wirklich gut geschwungen. Leider hat mir im sechsten Gang dann etwas die Kraft gefehlt. Vielleicht ein Zeichen, dass ich in Zukunft etwas mehr an meiner Ausdauer arbeiten muss», sagte der Boninger, der die letzten beiden Saisons wegen einer Verletzung am Schlüsselbein verpasst hatte, mit einem Lachen auf den Lippen.


Simon Schmutz: Fast den Festsieg entführt

Grund zum Lachen hatte am Ende auch Simon Schmutz. Der Mümliswiler hätte wohl insgeheim darauf gehoft, dass der Schlussgang ohne Sieger zu Ende geht. Dann nämlich hätte er den Festsieg geerbt. Und dann wäre kurioserweise das eingetroffen, was der Technische Leiter des Nordwestschweizer Schwingverbands, Guido Thürig, im Vorfeld als quasi undenkbar bezeichnet hatte: ein Gästesieg in Kestenholz.


Aber wieso Gästesieg, wenn Schmutz ein Mümliswiler ist? Der 24-Jährige war in Kestenholz tatsächlich als Gastschwinger gemeldet. Und zwar deshalb, weil er im Rahmen seiner Ausbildung zum Landwirt ein Lehrjahr in der Fremde absolviert – im Entlebuch. Deshalb hat er sich temporär dem dortigen Schwingklub angeschlossen und gehört nun dem Luzerner Kantonalverband und somit dem Innerschweizer Teilverband an. Er darf jedoch mit einer Ausnahmeregelung trotzdem am Solothurner Kantonalen und am Nordwestschweizer Ver-bandsfest teilnehmen.


Die Möglichkeit, regelmässig mit Schwingerkönig Joel Wicki im selben Schwingklub mittrainieren zu dürfen, hat sich auf die Leistungsfähigkeit von Simon Schmutz ofensichtlich bereits positiv ausgewirkt. Der Langenbrucker landete mit einer Gesamtnote von 57,50 schliesslich auf Platz 2.


Die Solothurner: Drei (bis vier) Kränze geholt

Rechnet man Schmutz als Solothurner Schwinger, dann haben die Einheimischen bei ihrem Kantonalen vier Kränze geholt. Neben Sinisha Lüscher sicherten sich auch Marius Frank und Fabian Bader Eichenlaub. Zur Erinnerung. ImVorjahr hatte die Solothurner Delegation noch rekordverdächtige zehn Kränze geholt – bei einem allerdings schwächeren Teilnehmerfeld. Quelle: Oltner Tagblatt

Bericht: Marcel Kuchta

Bild: Claudio Flückiger (nicht identisch mit dem Druckartikel)


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